Kreativität in der medizinischen Forschung

Kreativität in der medizinischen Forschung: Fakten und Forderungen 1. Auflage

Autor: H.-H. Sedlacek, P. Netter

de Gruyter Verlag, 2018

ISBN: 978-3-11-047671-2

321 Seiten, 99,95

★★

Kurzbeschreibung

Die Autoren versuchen in diesem Buch, Kreativität zu operationalisieren und Voraussetzungen für ihre Entstehung und Anwendung in Klinik, Forschung, Industrie und Behörden zu liefern. Gut 100 der 321 Seiten enthalten in tabellarischer Form samt Fußnoten solche Forschungsergebnisse, die die Autoren im jeweiligen Bereich als besonders kreativ erachten.

Zielgruppe

Das Buch lässt sich keinem Fach explizit zuordnen. Es richtet sich in erster Linie an Entscheidungsträger aus Klinik, Forschung, Industrie, Behörden und Politik. Es wirkt vielmehr wie das Fleißwerk eines selbstverliebten Emeritus, der seine Publikationsliste verlängern möchte. Außerdem erscheint der Preis für das Werk zu hoch, kann aber durch die wahrscheinlich geringe Auflage gerechtfertigt werden.

Inhalt

Die Autoren versuchen zunächst, Kreativität von Innovation abzugrenzen sowie Kreativität mit Persönlichkeitsmerkmalen und Intelligenz in Zusammenhang zu setzen, gefolgt von etwas Humangenetik. Auf gut 100 Seiten werden dann die wichtigsten Innovationen mit ausführlichen Fußnoten (gelegentlich 3,5 Seiten nur mit Fußnoten) beschrieben, die in einem bestimmten Bereich als bahnbrechend angesehen werden. Auf weiteren ca. 100 Seiten wird noch auf Leitungspsychologie eingegangen, „erfahrene Imkompetenz“ thematisiert, wobei dem Verfasser dieser Rezension Bernd Stromberg als Paradebeispiel dafür in den Sinn kommt, etwas gegen Alternativmedizin polemisiert sowie die Unzulänglichkeiten des Schulsystems angegriffen. Das wahrscheinlich einzig kreative an diesem Buch ist der Titel – und selbst der ist strenggenommen nicht einmal besonders kreativ.

Didaktik

Das Buch hat innerhalb der Kapitel einen roten Faden, die Kapitel selbst könnten aber mehr oder weniger variabel angeordnet werden. Das Buch richtet sich nicht an Studenten, hat also keinen explizit didaktischen Anspruch, da man einen solchen bei Berufstätigen wohl nicht mehr für notwendig erachtet.

Aufbau

Der Inhalt ist ausschließlich schwarz-weiß und in 8 Kapitel gegliedert. Innerhalb eines Kapitels wirkt die Gliederung sehr stringent, was auch auf die hierachische Gliederung in Gedankenpunkte und Unterpunkte zurückzuführen ist. Gelegentlich werden die Darstellungen von Schemata begleitet, die das Gesagte durch Ebenen und Pfeile wahrscheinlich professioneller aussehen lassen sollen. Über alle Kapitel hinweg entsteht der Eindruck der Langatmigkeit, einerseits durch Aufzählungen von synonymen und großspurigen Begriffen, so etwa die allzu häufige Betonung von Intelligenz und Exzellenz, mit denen die Autoren wahrscheinlich die Größe ihres Wortschatzes darlegen wollen, andererseits durch inhaltsähnliche Wiederholungen, wobei Hans-Harald Sedlacek sich auch gerne selbst zitiert (allerdings mit bunt wechselnder Zeichensetzung).

Relevanz für Tübinger Studium

Die Relevanz dieses Buches für das Medizinstudium in Tübingen geht gegen Null. Bereits aus dem Klappentext lässt sich entnehmen, dass Berufstätige die Zielgruppe sind, insbesondere solche auf Entscheidungsebene. Dem Verfasser der Rezension ist kein curriculares Fach bekannt, indem die Inhalte dieses Buches geprüft werden würden. Als bunter Verschnitt aus allgemeinen Erkenntnissen, Wikipedia, Zeitungsartikeln und emsiger Literaturrecherche ist es aber vielleicht ganz gut zum Angeben in Med. Psychologie oder im Längsschnittcurriculum Wissenschaftlichkeit geeignet.

Fazit

Der Verlag verspricht „einzigartige Informationen und Lösungsansätze“, bahnbrechende Informationen sucht man darin aber vergeblich. Dieses Werk ist alles und nichts, die Erkenntnisse entweder mit normalem Menschenverstand ableitbar (z. B. auf Augenhöhe arbeitet man besser zusammen) oder durch Psychologie (z. B. Kreative haben häufig hohe Ausprägungen des Merkmals „Offenheit für neue Erfahrungen“) und Medien (z. B. Noteninflation im Bildungssystem) hinreichend bekannt. Wer zu viel Geld übrig hat und gar nicht mehr weiß, was er in den Semesterferien noch lesen soll, könnte durchaus über eine Anschaffung nachdenken.


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