Stellungnahme M2

Stellungnahme der medizinischen Fachschaften BadenWürttembergs und Bayerns zur Absage des zweiten Abschnitts der ärztlichen Prüfung in den beiden Bundesländern

Vorbemerkungen:

Das Bundesministerium für Gesundheit hat am 30.03.2020 die Verordnung zur Abweichung von der Approbationsordnung für Ärzte bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite veröffentlicht. Diese erlaubt den Bundesländern individuell über die Durchführung des zweiten Abschnitts der ärztlichen Prüfung (M2) zu entscheiden und bei Nichtdurchführung der Prüfung die Studierenden direkt in das sogenannte vorzeitige Praktische Jahr (vPJ) zu schicken.Nur Baden-Württemberg und Bayern haben sich dazu entschieden, das M2 im Frühjahr 2020 nicht durchzuführen. In der Mehrheit der Bundesländer soll das M2 Frühjahr 2020 planmäßig stattfinden. Einige Bundesländer, wie Sachsen oder Berlin, lassen den Studierenden die Wahl zwischen entweder der Teilnahme am M2 Frühjahr 2020 und dem regulärem Praktischen Jahr (PJ) oder der Verschiebung des M2 in das Frühjahr 2021 und den direkten Eintritt in das vPJ. 

Die Absage des Staatsexamens in Baden-Württemberg und Bayern hat weitreichende Konsequenzen für die dort immatrikulierten Medizinstudierenden, sowohl in Bezug auf die Ableistung des vPJ als auch auf das Nachholen des M2 im April 2021. Wenngleich wir die Ermöglichung der ausnahmsweisen vollständigen Streichung des M2 im Frühjahr 2020 durch das Bundesgesundheitsministerium begrüßt hätten, muss nun mit der jetzigen Entscheidung umgegangen und die Bedingungen für das vPJ und die beiden letzten Abschnitte der ärztlichen Prüfung im Jahr 2021 definiert werden.

Es gilt, schnellstmöglich Planungssicherheit für die Studierenden, insbesondere in Bezug auf das vPJ, zu gewährleisten. Die Unsicherheit vieler Studierender spiegelt sich auch im Erfolg der Petition Faire Bedingungen für Praktisches Jahr und Staatsexamina im Medizinstudium in der COVID-19-Pandemie der Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland (bvmd) wider, die innerhalb weniger Tage über 100.000 Unterschriften sammelte.

Bei einem Einsatz in der medizinischen Versorgung ist es für die Studierenden im vPJ neben der hochwertigen klinischen Ausbildung und Lehre wesentlich, in gleicher Form Anspruch auf Leistungen, wie die Kinderbetreuung, den Zugang zu psychosozialer Unterstützung und die adäquate Bereitstellung von persönlicher Schutzausrüstung zu haben. Sollte dies nicht gewährleistet werden können, darf dies nicht zu Benachteiligung oder Gefährdung der Studierenden führen.

Als medizinische Fachschaften der Bundesländer Baden-Württemberg und Bayern vertreten wir insgesamt über 30.000 Studierende, von denen ca. 6.000 unmittelbar von dieser Verordnung betroffen sind. Auf die weiteren Konsequenzen, die sich für die Medizinstudierenden in den beiden Bundesländern ergeben und unsere daraus resultierenden Forderungen, möchten wir im Folgenden detailliert eingehen.

Dritter Abschnitt der ärztlichen Prüfung (M3) Frühjahr 2020:

In der Verordnung zur Abweichung von der Approbationsordnung für Ärzte bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 30.03.2020 wurden auch für den Dritten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung im Frühjahr 2020 Änderungen festgelegt. Diese Prüfung findet im Mai und Juni 2020 statt. Die betroffenen Studierenden bereiten sich derzeit umfassend auf diese Abschlussprüfung vor. Aktuell bestehen für sie noch viele Unklarheiten, die zeitnah geklärt werden müssen. 

Forderungen: 

  1. Es darf trotz aller Maßnahmen im Rahmen der Pandemie nicht zu einer Verlängerung der Studienzeit kommen. Die Prüfungen müssen im Juni 2020 beendet sein.
  2. Die Bekanntgabe der Termine und Prüfenden muss mindestens vier Wochen vor der Prüfung erfolgen.
  3. Bei der Durchführung des M3 muss seitens der Fakultäten ein hinreichender Infektionsschutz gewährleistet sein. Ist dies nicht durchführbar, müssen alternative Regelungen gemäß § 9 Abs. 2 Satz 3 AbweichungVO ÄApprO genutzt werden.
  4. Eine einheitliche innerfakultäre Regelung bezüglich der Durchführung und Bewertung des M3 in Anbetracht der erschwerten Prüfungssituation muss gefunden und von allen Prüfenden eingehalten werden.

Erläuterungen:

Jegliche Planung der Prüfungen muss einen Verzug des Studienabschlusses ausschließen. Die Umstände der aktuellen epidemischen Lage nationaler Tragweite bedingen durch Verhinderung von Studierenden, Prüfenden oder Patient*innen möglicherweise Verzögerungen im Prüfungsablauf. Die Prüfungen müssen daher so angepasst werden, dass Alternativtermine spätestens im Juni zur Verfügung stehen und der reguläre Abschlusstermin eingehalten werden kann. Dies stellt zudem die ärztliche Versorgung in den Folgemonaten sicher.

Aufgrund des erhöhten Drucks der aktuellen Situation muss für die bestmögliche Vorbereitung der Studierenden eine frühestmögliche Bekanntgabe der Termine und Prüfungen erfolgen. Wir erachten die Ladung zur Prüfung mindestens vier Wochen vor dem Prüfungstermin für angemessen. Dies stellt sicher, dass eine ausreichende Vorbereitungszeit und Planungssicherheit für die Studierenden bestehen.

Bei der Durchführung des M3 ist darauf zu achten, dass für alle Beteiligten kein erhöhtes Infektionsrisiko besteht. Patient*innen, die sich für die Prüfung zur Verfügung stellen, sollten nach Kriterien ausgesucht werden, die das Infektionsrisiko minimieren. Sollte die Prüfung an Patient*innen nicht möglich sein, müssen alternativ Prüfungsformate ohne Patientenkontakt genutzt werden. Diese beinhalten, wie in §9 Abs. 2 Satz 3 AbweichungVO ÄApprO vorgesehen, Simulationspatienten, Simulatoren, Modelle oder Medien.

Durch die erschwerte Prüfungssituation muss baldmöglichst eine einheitliche Absprache der Fakultäten mit den Prüfenden und vor allem den Studierenden bezüglich Durchführung und Bewertung erfolgen. Das besondere Verfahren der Durchführung der Prüfung muss allen Prüfenden und den zu prüfenden Studierenden kommuniziert und entsprechend umgesetzt werden.

Anpassung der Prüfungen nach dem vorzeitigen PJ im Frühjahr 2021

Die Studierenden aus Baden-Württemberg und Bayern sollen aufgrund der Entscheidung der zuständigen Behörden das M2 und das M3 im Frühjahr 2021 zusammen als sogenanntes “Hammerexamen” ablegen. Diese Kombination, welche bis 2014 die gängige Prüfungsform war, wurde unter anderem aufgrund der lang andauernden Doppelbelastung abgeschafft.  Mit der jetzigen Verschiebung sind zwischen Ende des vorzeitigen praktischen Jahres und dem M2-Termin sechs Wochen Vorbereitungszeit vorgesehen. Wir sind der Meinung, dass aufgrund der vermehrten Belastung im vorzeitigen PJ sowie der im Vergleich zum früheren Hammerexamen verkürzten Vorbereitungszeit keine gleichwertigen Prüfungsbedingungen vorliegen. Die unbedachte Wiedereinführung des Hammerexamens durch das Bundesgesundheitsministerium in dieser verschärften Form verstärkt die bereits deutlich erhöhten Belastungen durch die COVID-19-Krise.

Finden M2 und M3 im Frühjahr 2021 direkt nacheinander und unmittelbar auf das vorzeitige PJ folgend statt, müssen beide Prüfungen an diese Umstände angepasst werden.  

Forderungen:

  1. Anpassungen des M2 Frühjahr 2021 für die Kohorte, die das vorzeitige Praktische Jahr abgeleistet hat:
    1. Die Prüfungsanforderungen müssen klar und transparent der veränderten Situation angepasst werden. Die Planung der Prüfung hat dabei in enger Absprache des IMPP mit den betroffenen medizinischen Fakultäten und Fachschaften zu erfolgen. Die Anforderungen müssen über den gesamten Planungsprozess offen mit den betroffenen Studierenden kommuniziert werden.
    2. Die Erstellung der Prüfung muss nach dem derzeit gültigen IMPP-Gegenstandskatalog 2, 4. Auflage in reduziertem Umfang nach 1.a erfolgen.
    3. Es muss faire und transparente Lösungen für Studierende in besonderen Lebenslagen geben, die ihr PJ nicht in Regelstudienzeit absolvieren können.
  2. Anpassungen des M3 im Frühjahr 2021 für die Kohorte, die das vorzeitige Praktische Jahr abgeleistet hat:
    1. Die Prüfungsanforderungen müssen an die veränderten Bedingungen im vPJ aufgrund der Covid-19-Pandemie und die Doppelbelastung im Rahmen des verschobenen M2 angepasst werden. Die Prüfung soll analog zum M3 im Frühjahr 2020 in Inhalt und Umfang gekürzt werden.
    2. Eine Vorbereitungszeit von vier Wochen darf nicht unterschritten werden.
    3. Es darf trotz aller Maßnahmen im Rahmen der Pandemie nicht zu einer Verlängerung der Studienzeit kommen. Die Prüfungen müssen im Juni 2021 beendet sein.

Erläuterungen:

Durch den Zusammenschluss des M2 F2020 und des M3 2021 zum Hammerexamen (M2+M3) im Frühjahr 2021 sind die Studierenden in Bayern und Baden-Württemberg gegenüber den Bundesländern, in denen das M2 F2020 und das M3 F2021 regulär stattfinden, deutlich benachteiligt. Üblicherweise werden von den Studierenden mehr als drei Monate Vorbereitungszeit für diese Prüfungen eingeplant. Um die durch die geringere Lernzeit und die veränderten Bedingungen im vPJ entstehende Benachteiligung zu verringern, muss die M2-Prüfung für die Kohorte des vorzeitigen PJ erheblich angepasst werden. Hierbei ist in erster Linie die Tiefe des geprüften Stoffs anzupassen. Diese Anpassung des M2 für die vom vPJ betroffenen Medizinstudierenden fordert auch der Medizinische Fakultätentag in seiner Empfehlung IV vom 1. April 2020 sowie in seiner zur Änderung der ÄApprO veröffentlichten Stellungnahme vom 25. März 2020. Wir begrüßen die Stellungnahme von Frau Ministerin Bauer und Herrn Minister Lucha (beide Baden-Württemberg) zur Reduktion der Belastung durch das Hammerexamen und bieten unsere konstruktive Mitarbeit im weiteren Prozess an. In Abgrenzung zur Forderung des MFT sollen aus unserer Sicht keine neuen Fragen nach §8 der Verordnung zur Abweichung von der Approbationsordnung für Ärzte bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite gestellt werden.  Basis für die Erstellung des Examens muss einzig der IMPP-Gegenstandskatalog 2, 4. Auflage sein. Wir befürchten, dass inhaltlich neue Fragen zu einer Vergrößerung der Unklarheiten bezüglich des M2 führen. Für die Erstellung der Prüfung ist eine enge Absprache zwischen den betroffenen Fachschaften, den Fakultäten und dem IMPP essentiell, um einen adäquaten Erwartungshorizont sicherzustellen und transparent an die Betroffenen zu kommunizieren

Das Ende des Prüfungszeitraums für das M3 darf nicht über den Juni hinaus verschoben werden, damit den Studierenden keine Nachteile im Studienverlauf und für den Studienabschluss entstehen. Eine Verzögerung des Studienabschlusses hat zudem weitreichende Folgen für die medizinische Versorgung und ist daher unbedingt zu vermeiden. Gleichzeitig muss den Prüflingen eine adäquate Vorbereitung ermöglicht werden. Dies ist dadurch zu gewährleisten, dass das M3, nach Vorbild des Ablaufs für das M3 im Frühjahr 2020 insbesondere im Inhalt und zusätzlich im Umfang angepasst wird.

Eine Vorbereitungszeit auf das M3 von vier Wochen darf dabei nicht unterschritten werden. 

Die Lernzeit für das M2 und M3 ist aufgrund der grundsätzlich verschiedenen Prüfungsformate (theoretisch vs. klinisch-praktisch) zwingend getrennt voneinander zu betrachten.

Studierende in besonderen Lebenslagen (z.B. Studierende mit Kind, Schwangere, körperlich Beeinträchtigte, Pflegende von Angehörigen, …)  leisten ihr PJ ggf. in Teilzeit (50 oder 75%) ab. Sie erfahren durch die Regelungen besondere Nachteile, da sie zu den geplanten Prüfungsterminen ihrer Kohorte ihr PJ noch nicht abgeschlossen haben. Sie müssen zur Gewährleistung der Chancengleichheit unter den gleichen Bedingungen wie ihre Kommiliton*innen geprüft werden. Daher müssen auch für sie über das Frühjahr 2021 hinaus angepasste Prüfungsbedingungen gelten. Eine klare, zügig kommunizierte Regelung für diese Studierenden ist essentiell. Flexible Lösungen, die den individuellen Umständen gerecht werden, müssen dabei ermöglicht werden. 

Das Praktische Jahr (PJ): 

Das Praktische Jahr findet üblicherweise nach Beendigung des sechsten klinischen Fachsemesters und Ablegen des M2 nach zehn Semestern Regelstudienzeit statt. Die Studierenden werden in diesem Ausbildungsabschnitt an die ärztlichen Tätigkeiten in der Krankenversorgung herangeführt und erhalten begleitenden Unterricht. Das PJ ist dabei in Tertiale (in Mannheim in Quartale) aufgeteilt. Die Studierenden dürfen die Fachrichtung eines der Tertiale/Quartale frei wählen (das sogenannte Wahltertial/-quartal). Hinzu kommen zwei Pflichtabschnitte in den Fächern Innere Medizin und Chirurgie. In Mannheim kommt im Rahmen der Quartalisierung des PJs zusätzlich ein vierter Abschnitt im Bereich der ambulanten Medizin hinzu. Dieser Aufbau des PJs hat sich für die ärztliche Ausbildung bewährt und sollte daher auch unter den aktuellen Umständen bestmöglich beibehalten werden.

Forderungen:

  1. Die innerdeutsche PJ-Mobilität muss für alle Studierenden in Deutschland gewährleistet sein. Dafür sind folgende Regelungen zu treffen:
    1. Für alle Studierenden, die in das vorzeitige PJ starten, muss in allen Bundesländern der 20.04.2020 als einheitlicher Starttermin gelten.
    2. Die Zulassung zum vorzeitigen PJ ohne zuvor bestandenes M2 muss in allen Bundesländern anerkannt werden. In jedem Bundesland ist ein Start zu den Zeiten des vorzeitigen PJ zu ermöglichen.
    3. Die Mobilität zwischen den Bundesländern mit unterschiedlichen PJ-Zeiten muss flächendeckend ermöglicht und studierendenzentrierte Lösungen gefunden werden.
  2. Sobald die epidemische Lage von nationaler Tragweite es erlaubt, sollen Auslandstertiale/-quartale genehmigt werden. Angesichts der damit verbundenen neuen Tertial-/Quartallängen soll eine Lösung für das Splitting gefunden werden.
  3. Die Durchführung des Wahltertials/-quartals soll gewährleistet werden. Nur im Ausnahmefall und vorrangig bei freiwilliger Bereitschaft der Studierenden zum Einsatz in einem anderen Fachgebiet, kann davon abgewichen werden. 
  4. Studien- und Lehrtage sind in ausreichendem Umfang zu gewähren. Analog zur Petition für ein faires PJ, sollen 8h Selbststudium und 4h Lehre pro Woche garantiert werden.
  5. Die PJ-Studierenden sollen für ihren Beitrag in der Gesundheitsversorgung eine angemessene Vergütung in Mindesthöhe des BAföG-Höchstsatzes erhalten. Für die Dauer der epidemischen Lage mit nationaler Tragweite ist eine dem erhöhten Arbeitsaufwand angemessene Vergütung anzustreben. Sie sollte sich an der Art des jeweiligen Einsatzes bemessen und sich an dem Beispiel von Tübingen orientieren.
  6. PJ-Studierende müssen, auch wenn nicht beide Partner in einem systemrelevanten Beruf arbeiten, einen Anspruch auf eine Kinderbetreuung haben, da mit einer Vergütung in oben genannter Höhe nicht auf ein zweites Gehalt verzichtet werden kann.

Erläuterungen:

Das Praktische Jahr ist für die Ausbildung der Medizinstudierenden von zentraler Bedeutung, da es das schrittweise Erlernen ärztlicher Tätigkeiten und die Einarbeitung in unterschiedliche ärztliche Fachgebiete und Arbeitsorte in ganz Deutschland ermöglicht. Die Erfahrungen, die Studierende im PJ erleben, prägen wesentliche Entscheidungen für den ärztlichen Werdegang in Bezug auf die Wahl der Fachrichtung und des Arbeitgebers. Um diese Orientierung geben zu können, sind die PJ-Mobilität und damit die freie Orts- und Fachgebietswahl unabdingbar. Da durch das vorzeitige PJ in einigen Bundesländern uneinheitliche PJ-Zeiten entstehen, ist es wichtig, dass sich alle Medizinischen Fakultäten Deutschlands abstimmen und kompatible Regelungen entwerfen. Es muss allen Studierenden, trotz unterschiedlicher Startzeiten, ermöglicht werden, ihr PJ zu den Bedingungen des Bundeslandes ihrer Heimatuniversität in allen anderen Bundesländern zu absolvieren. Um keine zusätzlichen Unterschiede in den Tertial-/Quartalterminen zu erhalten, muss der Beginn des vorzeitigen PJ bundesweit einheitlich am 20.04.2020 sein.

In den Bundesländern, in denen das M2 regulär stattfindet, darf nicht an einem bestandenen M2 als Eingangsvoraussetzung für das vPJ festgehalten werden. Dadurch entstünde nur den Studierenden aus Baden-Württemberg und Bayern, die das M2 im April 2020 nicht durchführen, ein Nachteil in Bezug auf die Mobilität. Diese Benachteiligung ist nicht akzeptabel.

Ein wichtiger Aspekt der PJ-Mobilität ist die Möglichkeit, Auslandserfahrungen zu sammeln und andere Gesundheitssysteme kennen zu lernen. Sobald die SARS-CoV-2-Pandemie dies wieder zulässt, sollen geplante Auslandsaufenthalte im Rahmen des PJ und das Splitten von Tertialen/Quartalen ermöglicht und unterstützt werden. Es ist auf eine faire Fehlzeitenregelung zu achten.

Eine besondere Bedeutung hat das Wahltertial/-quartal, da es die größte Möglichkeit der Neigungsorientierung im Medizinstudium bietet. Außerdem dient es der Festigung des Fachgebietswunsches und der Kontaktaufnahme zu zukünftigen Arbeitgebern. Dies stellt die Grundlage der ärztlichen Versorgung in der gesamten Breite der verschiedenen Fachgebiete auch über das Ende der epidemischen Lage von nationaler Tragweite hinaus. Daher muss die ordnungsgemäße Durchführung des Wahlfaches gewährleistet sein. Sollte die epidemische Lage von nationaler Tragweite es erfordern, dass PJ-Studierende, die sich in ihrem Wahlfach befinden, in andere Bereiche der Krankenversorgung umverteilt werden, so ist eine Umverteilung zunächst auf freiwilliger Basis durchzuführen. Eine entsprechende Planung in Absprache mit den Studierenden sollte so früh wie möglich erfolgen.

In allen Abschnitten des PJs muss zudem darauf geachtet werden, dass die Ausbildung der PJ-Studierenden zur professionellen Ausübung ärztlicher Tätigkeiten nicht vernachlässigt wird. PJ-Studierende sollten Tätigkeiten ausüben, die ihrem Wissens- und Erfahrungsstand entsprechen und lehrreich für ihre ärztliche Ausbildung sind. Zur personellen Unterstützung der durch die Pandemie stärker belasteten Abteilungen sollten vorrangig Hilfskräfte herangezogen werden, die pflegerische und andere unterstützende Tätigkeiten übernehmen können. PJ-Studierende sind nicht für Aufgaben einzusetzen, welche nicht primär zu ihrem Verantwortungsbereich gehören. Wir begrüßen die große Solidarität der Medizinstudierenden aus allen Semestern, das Gesundheitssystem in dieser schwierigen Lage zu unterstützen.

Das PJ dient primär der ärztlichen Ausbildung, weshalb auch in schwierigen Zeiten wie der aktuellen durch das SARS-CoV-2 ausgelösten Pandemie ausreichend Lehrveranstaltungen im PJ durchgeführt werden müssen. Pro Woche sollten acht Stunden ausschließlich dem Selbststudium zur Verfügung stehen. Gleichzeitig sollen vier Stunden Lehrveranstaltungen angeboten werden. Dies wird bereits in der Petition für ein faires PJ der bvmd gefordert, die im Jahr 2019 über 100.000 Unterstützer*innen fand. Sollten Lehrveranstaltungen aufgrund der aktuellen Lage nicht regelmäßig durchgeführt werden können, soll den PJ-Studierenden diese Zeit zusätzlich für das Selbststudium gewährt werden. Diese Zeit ist vor allem in Hinblick auf die Doppelbelastung durch das Hammerexamen und die zu erwartende eingeschränkte Lehre für die Studierenden von großer Wichtigkeit.

Wir fordern grundsätzlich mindestens den BAföG Höchstsatz als deutschlandweit einheitliche Aufwandsentschädigung während des PJ. Diese Forderung ist ebenfalls in der Petition für ein faires PJ enthalten. Während der epidemischen Lage von nationaler Tragweite wird es für die PJ-Studierenden zu einer zusätzlichen Arbeitsbelastung in der Krankenversorgung sowie zu Einschränkungen in der Lehre kommen. Daher soll unter diesen Bedingungen der erhöhte Arbeitsaufwand und veränderte PJ-Bedingungen entschädigt werden. Als best-practice Beispiel ist hier das Universitätsklinikum Tübingen zu nennen, das seine PJ-Studierenden während der epidemischen Lage von nationaler Tragweite mit einem Leistungsstipendium in Höhe von monatlich 1000€ entlohnt. Zusätzlich werden Überstunden und dienstbezogene Zuschläge gewährt. Damit soll die Ungleichbehandlung von bezahlten studentischen Hilfskräften (15€/h) und PJler*innen verringert werden.

PJ-Studierende, die aktiv in die Krankenversorgung eingebunden werden, sind als versorgungsrelevant zu betrachten. Da auch bei einer Vergütung in der oben genannten Höhe nicht auf das Gehalt des Partners/der Partnerin verzichtet werden kann, müssen die PJ-Studierenden, auch wenn nicht beide Partner in einem systemrelevanten Beruf arbeiten, Anspruch auf eine kostenlose Kinderbetreuung haben. 

Des Weiteren darf insbesondere Studierende in besonderen Lebenslagen wie beispielsweise einer Schwangerschaft oder einer chronischen Erkrankung durch das vorzeitige PJ kein Nachteil entstehen. Sie müssen ihren individuellen Umständen entsprechend adäquat eingesetzt werden. Sie sollten weder auf einer Station mit erhöhtem Infektionsrisiko eingesetzt werden, noch dürfen ihnen bei eingeschränkter Einsatzfähigkeit Fehltage angerechnet werden.

Alle hier angesprochenen Regelungen, insbesondere zum Wahlfach und zur Ermöglichung von Auslandsaufenthalten, sind in gleicher Weise für alle Studierenden im PJ zu treffen. Dies schließt die jetzt in das PJ bzw. vPJ startende sowie die sich bereits im PJ befindende Kohorte ein.

Klarstellung der Bedingungen für Studierende mit bestandenem M2

Studierenden, die ihr M2 im Herbst 2019 abgelegt haben, muss die Wahlfreiheit zwischen Antritt des regulären und des vorzeitigen PJ gelassen werden. Dies ermöglicht die Einhaltung von bereits geschlossenen Verträgen und verhindert persönliche oder finanzielle Nachteile, zum Beispiel durch Kündigung von Wohnungen.

Mit freundlichen Grüßen

Die Fachschaften Medizin Baden-Württemberg und Bayern